Von der Geburt des Bitcoin bis zur Entwicklung der Altcoin
Bitcoin ist auf dem Vormarsch. Inzwischen existieren viele tausend Kryptowährungen und der Marktwert all dieser Coins riss jüngst die Zwei-Billionen-Dollar-Marke. Notenbanken beschäftigen sich mit dem Thema, die Öffentlichkeit diskutiert Vor- und Nachteile und aktuelle Kursbewegungen sind Teil der Nachrichtenwirtschaft geworden. All dies sind unzweifelhaft Nachweise, dass die Bedeutung der Kryptowährungen inzwischen viel größer ist, als deren Schöpfer es sich vor etwa 15 Jahren vermutlich erträumt haben. Aber wie entstand Bitcoin, wer waren die Menschen dahinter, was war deren Motivation und wie ist all das entstanden? Gemäß der Erkenntnis, dass man die Gegenwart oft nur versteht, wenn man deren Geschichte kennt, wollen wir hier im BISON Blog in einer kleinen Artikelserie die Geschichte von Bitcoin & Co erzählen. Im ersten Teil haben wir uns bereits mit den Anfängen der Kryptowährungen bis hin zur Entstehung des Bitcoin befasst. Im zweiten Teil geht es nun um die ersten Transaktionen und Anfänge der Kryptobörsen, die erste Blase und die Entstehung der Altcoin.
2009: Erste Bitcoinbörsen
Am 3. Januar 2009 veröffentlichte Satoshi Nakamoto die Open-Source-Software „Bitcoin 0.1“. Neun Tage später fand die erste Transaktion auf der Bitcoin-Blockchain statt und markierte den Beginn der dezentralen Zahlungsmittel.
Ein wichtiger früher Anhänger der Bitcoin-Bewegung war der finnische Student Martti Malmi. Der eher zurückhaltende IT-Nerd schrieb bereits seit seinem zwölften Lebensjahr Software-Codes und unterstützte Nakamoto zunächst beim Mining von Bitcoin. Später wurden die beiden Partner und Malmi trieb die Weiterentwicklung der Website bitcoin.org und des Codes voran.
Für insgesamt 5 Euro verkaufte der Finne damals 5.050 BTC – aus heutiger Sicht ein denkbar schlechter Deal, denn 5.050 BTC wären rund 151.500.000 Euro wert (Stand 07.06.21, Kurs bei etwa 30.000 Euro pro Bitcoin). Den ungünstigen Handel bereut er heute wie er auf seinem Twitter-Profil zugibt.1 2010 gründete Malmi die erste Bitcoinbörse bitcoinexchange.com. Hier konnten Bitcoin im Tausch gegen Euro gehandelt werden.
I’d be a *billionaire* now if I hadn’t sold the 55,000 bitcoins I mined on my laptop in 2009-2010 way too early (mostly before 2012). That is regretful, but then again, with the early bitcoiners we set in motion something greater than personal gain.
— Martti Malmi (@marttimalmi) December 18, 2020
2010: Anfänge der Transaktionen
Der erste deutsche Bitcoiner war SmokeTooMuch. Der Student begeisterte sich für dezentrale Netzwerke und wollte (durch sie) mehr Schutz vor einer staatlichen Überwachung. Im Jahr 2010 versuchte er, 10.000 BTC für 50 US-Dollar zu verkaufen. Dieser Versuch blieb allerdings erfolglos, da er für seine Bitcoin keinen Abnehmer fand.
Doch die Kryptoszene wuchs, nach und nach entstand ein Netzwerk aus Interessenten, Entwicklern und Minern. Mit dem ersten Hardware-Wallet Trezor hatten die Bitcoiner nun auch die Möglichkeit, Kryptowährungen sicher offline aufzubewahren.
Am 22. Mai kaufte der Amerikaner Lazlo Hanyecz zwei Pizzen zum Preis von 10.000 BTC. Seine Bestellung gilt als erste Bitcoin-Transaktion, den 22. Mai nennt man seither in Fachkreisen den „Bitcoin Pizza Day“.
Am 7. Juli hatte sich der Bitcoin-Preis bereits verzehnfacht: Für einen Dollar erhielt man nun 0,08 BTC.2 Im November lag der Bitcoin-Preis bereits bei 0,5 Dollar pro BTC.3 Außerdem entstand im selben Monat das heutige Bitcoin-Logo: Ein weißes B mit Doppelstrichen auf goldenem bzw. orangenem Grund.4 Rund ein halbes Jahr nach der ersten Bitcoin-Zahlung fand am 08. Dezember die erste mobile Transaktion statt.3
2010: Leben ohne Satoshi Nakamoto
Vier Tage später, am 12. Dezember, schrieb Satoshi Nakamoto das aller letzte Mal im Bitcoin-Forum bevor er untertauchte. Sein Verschwinden führte zu den wildesten Spekulationen: Bekam er kalte Füße? Ist er noch am Leben? Wartet er nur auf den richtigen Augenblick all seine Bitcoin zu verkaufen und so auf einen Schlag reich zu werden? Und viele mehr.
Der amerikanischer Frührentner Dorian Prentice Satoshi Nakamoto wurde irrtümlich für den Bitcoin-Gründer gehalten und der Australier Craig Steven Wright gab sich fälschlicherweise für Nakamoto aus. Fakt ist: Man hat den Bitcoin-Erfinder bis heute nicht identifizieren können. Alle Versuche, ihn ausfindig zu machen, blieben erfolglos.
2011: Bitcoin-Börsen und Blasen
Bis 2011 war die Nachfrage nach Kryptowährungen als Zahlungsmittel eher gering. Obwohl am 28. Januar 2011 bereits ein Viertel der maximal möglichen Anzahl an Bitcoin geschürft war, 5 erreichte der Kurs rund zwei Wochen später erstmals den Wert von 1 Dollar.
Der Franzose Mark Karpelès erfuhr Ende 2010 von Bitcoin und war sofort fasziniert. Innerhalb von zehn Tagen übersetzte er Abschnitte des Bitcoin-Codes in die Skriptsprache PHP, eröffnete ein Bitcoin-Wiki, trug die IP-Adresse des Netzwerks in einer Datenbank zusammen, konstruierte ein eigenes Wallet und erkannte BTC als Bezahlung für sein eigenes Unternehmen an. Eine wahre Meisterleistung innerhalb kürzester Zeit! Karpelès übernahm am 06. März die Krypto-Börse Mt. Gox, auf der man erstmals in Echtzeit handeln konnte. Für 5 Cent erhielt man zu dieser Zeit 1 BTC. Die Plattform ging bereits im Vorjahr online und wurde später zu einer der größten Handelsplätze für Bitcoin.
Im Mai stieg der Bitcoin-Kurs auf 3 Dollar, im Juni verzehnfachte sich der Preis auf 30 Dollar und das Handelsvolumen von Mt. Gox lag bei 3 Millionen Dollar pro Tag. Prozentual betrachtet, war dies der bisher stärkste Preisanstieg in der Geschichte. Doch schon kurze Zeit später platze die Blase und der Kurs stürzte in die Tiefe.
Kurz darauf wurde Mt. Gox zum Schauplatz des bislang schlimmsten Crash der Bitcoin-Geschichte. Aufgrund von Passwortproblemen wurden hunderte Konten gehackt und deren Bitcoin-Bestände verkauft. Der Hacker kaufte im Anschluss die Bitcoin für weniger Geld erneut ein und wollte sie in Dollar auszahlen lassen. Innerhalb kürzester Zeit fiel der Kurs von 17,50 auf 0,01 Dollar. Die Krypto-Handelsplätze kollabierten und wurden schnellstmöglich heruntergefahren. Karpelès konnte so die Auszahlung und den Bitcoin-Raub verhindern. Die Plattformen gingen nach wenigen Tagen wieder online und der Bitcoin-Preis lag auf dem selben Niveau wie vor dem Angriff.
Aufgrund der niedrigen Preise investierten mehr Unternehmen und Privatpersonen in Bitcoin, weitere Software wurde entwickelt und die Bitcoin-Szene wuchs. Im Sommer entwickelte Oliver Flaskämper den deutschen Handelsplatz bitcoin.de, der schon kurze Zeit später im September online ging. Auf dieser Plattform fanden 2013 60 % der Handelsaktivitäten mit Bitcoin statt.
2011: Bitcoin Jesus und König des Mining
Der Amerikaner Roger Ver war wie besessen von Bitcoin und fand seine Berufung in Bitcoin-Vorträgen. Er reiste um die Welt und wollte in unzähligen Reden jeden über Bitcoin informieren: „Es ist ein unglaublich mächtiges Werkzeug, das nicht nur Amerikaner befreien wird, sondern alle Länder dieser Erde. Es ist die beste Art von Geld, die die Welt jemals gesehen hat. Nichts hat mich mehr begeistert als die unglaublich vielfältigen Möglichkeiten, wie Bitcoin die Welt verbessern kann.“ (Bergmann, C., S. 129) Ver verkündete die Bitcoin-Botschaft mit einer solchen Leidenschaft, dass er als „Bitcoin Jesus“ bekannt wurde.
Auch für Jihan Wu aus China wurde Bitcoin zum Lebensinhalt. Im Mai 2011 investierte er erstmals in die Kryptowährung, fertigte eine chinesische Übersetzung des Bitcoin-Whitepapers an und baute die Plattform 8btc.com, inklusive Forum und Online-Magazin, auf. Zwei Jahre später gründete er gemeinsam mit Miere Zhan das Unternehmen Bitmain, das sich weltweit als eine der größten Mining-Firmen etablierte.
2011: Die dunkle Seite des Bitcoin
„Die Idee war, eine Website zu kreieren, auf der man alles anonym kaufen kann, ohne eine Spur zu hinterlassen.“ Diese Vision hatte der amerikanische Student Ross Ulbricht 2011 und erschuf die Silk Road, eine sehr schnell wachsende Online-Plattform, vergleichbar mit Amazon. Durch die Bezahlung mit Bitcoin, die Verwendung des Tor-Netzwerks, einer nicht nachvollziehbaren Verschlüsselungstechnik sowie eines Bewertungssystems entstand daraus ein internationaler Umschlagsplatz für Drogen. Auch andere kriminelle Machenschaften wurden im Darknet mit Bitcoin finanziert.
Lange Zeit waren die Regierungen dagegen machtlos, denn im Darknet können notwendige Informationen für die Verfolgung von Straftaten, wie z.B. eine IP-Adresse, nicht nachvollzogen werden. Ross Ulbricht wurde zu einem der meist gesuchten Männer in den USA und war als „Dread Pirate Roberts“ bekannt. 2013 gelang es dem FBI schließlich den Thor-Server und über Umwege auch Ulbricht zu finden. Unmittelbar nach der Festnahme wurden etwa 144.000 Bitcoin beschlagnahmt und später versteigert. Die Silk Road wurde geschlossen.
Dieser Shutdown genügte jedoch nicht zur endgültigen Bekämpfung des Darknets. Allerdings haben diese kriminellen Machenschaften u.a. dazu beigetragen, dass staatliche Stellen den Bitcoin regulieren, den Handel verbieten oder Regeln für Handelsplätze wie den KYC-Prozess definieren. Auch die Strafverfolgungsbehörden haben im Verdachtsfall inzwischen zumeist Zugriff auf die Nutzungsdaten der Kryptobörsen.
2012: Bitcoin als Zahlungsmittel
Im Mai veröffentlichten Ethereum-Erfinder Vitalik Buterin und Mihai Alisie die erste Ausgabe des Bitcoin Magazine. Die Print-Ausgabe und das Online-Magazin zählen zu den ältesten und etabliertesten Quellen für News und Analysen rund um den Bitcoin.
Für etwa 50 Prozent des Bitcoin-Transaktionsvolumens sorgte im Jahr 2012 das Glücksspiel Satoshi Dice. Das Prinzip war einfach, ähnlich dem Roulette: Der Wetteinsatz wird beim Roulette auf ein Feld gelegt, bei Satoshi Dice an eine Bitcoin-Adresse gesendet. Bei dieser Adresse sind die Gewinnwahrscheinlichkeit und -höhe hinterlegt.
Am 15. November akzeptierte WordPress BTC als Zahlungsmittel. Am 28. November waren die ersten 210.000 Bitcoin-Blöcke geschürft und daher fand wie geplant das erste Halving statt. Miner verdienten fortan nur noch 25 BTC statt 50 BTC pro Block.
2013: Erste Altcoin und Anerkennung des Bitcoin
Bereits 2011 gab es erste Versuche, Altcoins, wie z.B. Namecoin, in die Kryptoszene zu integrieren. Allerdings wurden die meisten Altcoins erst ab dem Jahr 2013 entwickelt und auf Marktplätzen gelistet. Im April entstanden beispielsweise Litecoin und im August Ripple.
Die Krypto-Szene entwickelte weitere Altcoins und stärkte dadurch die Rolle des Bitcoin, denn Investitionen in Altcoins wurden mit Bitcoin bezahlt.
Zu Jahresbeginn lag der Kurs des Bitcoin bei rund 15 Dollar. Am 10. April erreichte Bitcoin seinen damaligen Höchststand von 266 Dollar. Genauso sprunghaft wie der Kursanstieg verlief der darauffolgende Kursverfall. Erneut gab es einen Hackerangriff auf Mt. Gox. Der Server war überlastet und die Handelsplattform wurde zum zweiten Mal abgeschaltet. Der Kurs pendelte sich im Anschluss allerdings auf einem Niveau von rund 100 Dollar ein.
Vier Monate später, am 22. August, erlaubte das deutsche Finanzministerium die Nutzung von Bitcoin und erkannte die Kryptowährung als private Währung an, was in einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 2018 allerdings korrigiert wurde. Bitcoin sind demnach Werteinheiten, die „von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.” [§1.11.10 Kreditwesengesetz] .6
Seit Ende 2013 kann man in Deutschland auf manchen Online-Portalen mit Kryptowährungen bezahlen. Das Problem bestand allerdings darin, dass die Menschen zu der Zeit lieber Bitcoin besaßen als sie auszugeben und keiner diese als Zahlungsmittel nutzen wollte. Die Kryptowährungen müssen also weiterhin auf ihren großen Durchbruch warten.
Bitcoin und der Handel mit Kryptowährungen waren Ende 2013 schon weit gekommen. Ende November lag der Wert bereits bei 1.000 Dollar pro BTC. Doch es sollte noch viel passieren auf dem Weg nach ganz oben. Das erfahrt ihr im nächsten Blogbeitrag.
Quellen:
- Hauptquelle: Bergmann, C. (2019). Bitcoin. Die verrückte Geschichte vom Aufstieg eines neuen Geldes. 2. Auflage. Neu-Ulm/Nersingen: MOBY Verlagshütte.
- 1 Malmi, M. (2020). Tweet. Online unter: https://twitter.com/marttimalmi/status/1339908783187832834 (zuletzt abgerufen am 25.06.21).
- 2 Ivanov, A./Imöhl, S. (2021). Bitcoin fällt unter 30.000 Dollar. Online unter: https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/bitcoin-kurs-aktuell-bitcoin-faellt-unter-30-000-dollar/26896026.html (zuletzt abgerufen am 25.06.21).
- 3 Kroker, M. (2019). Die Geschichte von Bitcoin vom Start im Oktober 2008 bis zu den Kursturbolenzen Ende 2019. Online unter: https://blog.wiwo.de/look-at-it/2019/12/19/die-geschichte-von-bitcoin-vom-start-im-oktober-2008-bis-zu-den-kursturbulenzen-ende-2019/ (zuletzt abgerufen am 25.06.21).
- 4 Lange, G. (2020). Bitcoin und die Geschichte des Logos für BTC. Online unter: https://www.blockchain.com/btc/block/105000 (zuletzt abgerufen am 25.06.21).
- 5 Blockchain (o. D.). Block 105000. Online unter: https://www.blockchain.com/btc/block/105000 (zuletzt abgerufen am 25.06.21)
- 6 Wikipedia (o. D.). Bitcoin. Online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Bitcoin (zuletzt abgerufen am 25.06.21)
Christoph Bergmann
Der Wirtschaftsjournalist und Historiker Christoph Bergmann zählt zu Deutschlands führenden Krypto-Experten. Bereits seit 2013 fasziniert ihn die Welt von Bitcoin, Ethereum und Co. Seine Arbeit wurde bis dato mit mehreren Awards ausgezeichnet.